In dem oder indem?
Sodass oder so, dass?
Um so oder umso?

Die sprachliche Konfusion im Lande ist perfekt!

Gerade habe ich mal wieder meine 128 Mails gecheckt (die Anglizismen sind auch so ein Thema …, aber nicht heute!) und bin in einer Mail – mal wieder – über Rechtschreibfehler gestolpert. Nein, ich bin keine Lektorin, aber ich liebe meine Sprache und die Kunst des Wortes. Deswegen bin ich u.a. Buchmentorin, aber darum geht es gerade garnicht (zusammen oder getrennt?). Vor etlichen Jahren bereits, als ich noch kein Buch geschrieben hatte, verwirrte mich die damalige Rechtschreibreform. Ja, der Mensch ist bezüglich seiner Gewohnheiten träge. Nun güt. Aber einige Jahre später folgte die nächste Reform … und die nächste … und die nächste!

Den Start machte 1998 die Rechtschreibreform, die auf massiven, breiten und von namhaften Vertretern der schriftlichen Kunst und Kritik wie Enzensberger, Grass oder Reich-Ranicki getragenen Widerstand stieß. Aber das war den Hütern der Buchstaben egal – sie, also die Reform, wurde gegen den Willen der Bevölkerung durchgedrückt. Es folgten weitere sagenhafte vier (!) Änderungen in nur 28 Jahren! Da stellt sich mir die Frage, was im Lande der Dichter und Denker so Gravierendes geschehen war, daß (wird seeehr oft falsch geschrieben😁) derart häufig nachgebessert werden musste? Aber vielleicht lag es ja gar nicht an der natürlichen Entwicklung unserer Sprache bzw. Schreibform?

Nur mal so zum Vergleich: Im spanischen Sprachraum gab es keine – also: Null – Rechtschreibreformen und derzeit sind auch keine geplant. Dort überlässt man die sprachliche Wandelbarkeit wohl ihrem natürlichen – und langsamen – Lauf.
Und in Frankreich? Ja, eine. 1990
Oder Italien? Wohl keine.
Dänemark? 1948
Polen? Keine gefunden.
Niederlande? Ja, die hatten auch ein paar. Aber nur vier seit Kriegsende.

Wie ich bedauerlicherweise feststellen muss, sind nun nach all diesen vielen Korrekturen und Neuregelungen Generationen deutschsprachiger Menschen immer weniger in der Lage, einen längeren Text fehlerfrei zu schreiben. Oder vielleicht ist es im Sinne der Rechtschreibreform von …, äh, welchem Jahr? gar kein Fehler?! Fakt ist, die Kunst des Schreibens sortiert sich offenbar auch nach dem Jahrzehnt des Schulbesuchs und der jeweils erlernten Reform.

Sprache ist ein natürliches Ausdrucksmittel einer menschlichen Gruppe. Sprache wandelt sich auch im Laufe der Jahrzehnte und Jahrhunderte. Aber warum musste gerade in der deutschen Sprache in den letzten gut zweieinhalb Jahrzehnten dermaßen intensiv nachgebessert werden?  Diese Frage könnte zum Politikum werden, was ich in Anbetracht der hitzigen politischen Lage im Lande ein wenig außen vor lassen möchte. Zudem interessieren mich auch stets zuerst die psychologischen Hintergründe, Zusammenhänge und Auswirkungen.

Natürlicherweise wandelt Sprache sich langsam, ist sozusagen träge. Weil sie Träger der Kultur einer großen Gruppe ist. Und große Gruppen wandeln sich bekanntermaßen am langsamsten. Und weil sie Träger der individuellen Erfahrungen und Empfindungen des Einzelnen ist.

Je besser ich mich in meiner Sprache auszudrücken weiß, umso wohler fühle ich mich mit ihr, umso wohler fühle ich mich mit mir. Das bedeutet: auch über die Sprache drücke ich meine Identität aus. Was aber bewirken nun all diese unnatürlichen, aufoktroyierten Veränderungen?

Als Expertin für Hochbegabung, Hochsensibilität und weiteren Feinfühligkeiten habe ich es häufig mit dem Thema der Identität zu tun. Und dieses Thema lacht mich im Kontext der vielen Schreibreformen geradezu an.

Wenn ich ein so zentrales und zugleich emotionales Werkzeug wie die Sprache binnen kurzer Zeit wieder und wieder, wenn auch scheinbar nur marginal, verändere, entstehen Irritationen, Unklarheiten und Unsicherheiten. Übrigens: je marginaler, aber regelmäßig, umso unbewusster ist die Wirkung! Wird es nun so oder anders geschrieben? Träte dies vereinzelt auf, wäre es nicht des Artikels wert. Rechtschreibunsicherheit treten bei jedem mal auf, und sei es nur nach einer durchzechten Nacht. Aber die in so kurzer Zeit eingeführten Veränderungen sorgen nicht nur für wiederholte Schreibfehler, sondern auch für einen wachsenden Selbstzweifel. Denn vermutlich haben die meisten von uns die Schule mit relativ wenigen Rechtschreibfehlern abgeschlossen, sind sich ihrer Schreibfähigkeit daher relativ sicher. Nun aber sitzen wir da, froh, dass uns das Rechtschreibprogramm aus der Patsche hilft. Meistens zumindest. War den Machern der Reformen bereits klar, dass die Bevölkerung (digitale) Nachhilfe wird benötigen müssen?

Was aber passiert im Menschen, wenn er immer und immer wieder mit solch subtilen Verunsicherungen konfrontiert wird? Er hat meines Erachtens drei Möglichkeiten:
1) Er findet es in Ordnung, macht gut mit, spürt die Auswirkungen – weil subtil – entweder erst spät oder gar nicht. Das hindert die Auswirkungen allerdings nicht daran zu wirken.
2) Er fühlt sich unwillig, meint aber machtlos zu sein und gibt sich der sprachlichen Reduzierungen inklusive ihrer Auswirkungen hilflos anheim.
3) Er wird zum sprachlichen Widerständler, mehr oder weniger laut aufmüpfig.

Es ist aber leider nicht nur die korrekte oder eben unkorrekte Schreibweise, die zur sanft nagenden Unsicherheit werden kann, sondern auch die inhaltlichen Umdeutungen bzw. Unklarheiten, die durch die andere Schreibweise entstehen. Dies scheint mir in Punkto sprachliches Selbstvertrauen viel gravierender.

Hier ein paar wunderbare Beispiele:
Um so vs. umso
Um so = wird in einer Begründung verwendet „Um so viele Bälle wie Paul zu fangen, brauchst du mehr Übung.“
Umso = wird z.B. im Kontext eines Maßvergleichs verwendet „Je mehr du trainierst, umso fitter wirst du.“

Es ist so weit vs es ist soweit
so weit = beschreibt ein räumliches Phänomen  „Es ist so weit bis zur nächste Tankstelle.“
soweit = beschreibt ein zeitliches Phänomen  „Bist du endlich soweit?!“

Indem vs in dem
indem = wird im Kontext einer Erklärung genutzt  „Indem ich diesen Artikel schreibe und auch noch veröffentliche, sorge ich womöglich für Nachdenken bei den Lesenden?!“
in dem = nutze ich, wenn ein Artikel (in diesem Fall im Dativ) vor ein Substantiv gesetzt werden soll „In dem Zug war es kalt.“

Mit diesen Beispielen möchte ich die inhaltliche Verzerrung verdeutlichen.  Was will der Schreiberling mir sagen, wenn er mir mitteilt: „In dem ich diesen Artikel schreibe …“ Für gewöhnlich kommt nach dem Artikel (der, die, das) ein Substantiv, oder ein Adjektiv und dann das Substantiv. So fühlen wir auch die Sprache. Aber bei „In dem ich diesen Artikel schreibe …“ fehlt das Adjektiv, dafür gibt es aber noch einen weiteren Artikel vor dem Substantiv …

Was passiert sprachlich nun durch diese Reduzierungen? Unsere Sprache verliert an Vielfalt und damit an spezifischer Ausdrucksform und Feinheit! Im Lande der Dichter und Denker ein Trauerspiel Es ist in etwa so, als ob ich ein Bild mit feinen Linien malen möchte, dafür aber nur Malerpinsel zur Verfügung habe. Es wird immer schwieriger, die Feinheiten darzustellen, sprich auszudrücken, was sich wiederum blockierend auf meine eigene innere Klarheit, Kreativität und Sicherheit legt.

Ach ja, noch eines: Warum reite ich eigentlich dauernd so auf dem Land der Dichter und Denker herum? Weil dies eine Seelenaufgabe des deutschsprachigen Raums ist. Jedes Land bzw jeder Kulturraum dieser Erde hat bestimmte Aufgaben oder Kompetenzen, die im Zusammenspiel mit den anderen Kulturen einen kreativen und innovativen Wachstums-Mix ergeben. Wenn eine Gruppe nun seiner ursprünglichen Aufgabe verlustig wird, entsteht im ganzen System eine Schieflage – erst langsam, dann immer schneller. Dies können wir derzeit auf der ganzen Welt in Echtzeit beobachten, in der Sprache und in vielen anderen Bereichen.

Daher plädiere ich für einen kreativen und vor allem kritischen Umgang mit unserer Sprache zum Wohle der individuellen und geistigen Ausdrucksstärke. Ich freue mich, wenn ich Deine sprachliche Sensibilität etwas herausfordern darf und Du, falls Du es nicht sowieso (äh, zusammen oder getrennt?) schon tust, Dich wieder an die Kraft Deiner Mutter-Sprache be-SINNst, um die Aufgabe, für die wir hier gekommen sind, wieder aufzugreifen.

Deine Cordula Roemer

Mein Großvater lehrte mich Feingefühl in der Sprache. Seit ich nun selber schreibe (ich komme aus einer Journalisten-Familie) hat sich meine Achtsamkeit den energetischen Aspekten in meiner Mutter-Sprache noch vertieft.
Wenn Du für Dein Buchprojekt davon profitieren möchtest, schreibe mich an und wir besprechen Deine Visionen.

Das passende Buch zum Blog-Artikel

Ein Buch über sensible Sprache habe ich noch nicht geschrieben. Aber bei „Gustav“ habe ich jede Menge über die energetische Wirkung von Worten und Sätzen gelernt.

„Gustav“ ist mein Herzensbuch und wunderbar als Nachttischlektüre oder für Angehörige, Freunde oder Kollegen geeignet, die auf unterhaltsame Art und Weise in das Thema Hochsensibilität einsteigen wollen.

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